Atlantis Roots: Gais, Turner, Dupree - Schwarze Musiker auf der Bühne des Atlantis

Dieser Text wurde im Rahmen des Arbeitsintegrationsprogramms von Parterre Tangram von einer am Programm teilnehmenden Person recherchiert, verfasst und auf der Website publiziert.

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„Man muss sich bewusst sein, das einem damals in Basel praktisch nie ein Schwarzer auf der Strasse begegnet ist […]. Das waren Erscheinungen, die uns unendlich faszinierten, diese Stimmen, diese musikalischen Talente, diese Energie.“ (Edgar ‚Egge‘ Gilgen)

In der Nachkriegszeit hatte das Atlantis eine Vorreiterrolle inne. Das Café holte regelmässig schwarze Musiker nach Basel—manchmal für einzelne Auftritte, aber meistens für wochenlange Engagements. Es hatte wohl auch etwas mit der Weltoffenheit und der fehlenden Berührungsängste der Gebrüder Seiler zu tun, für die Jazz über allem stand, egal wer spielte.

Für viele Besucher im Atlantis war ein Konzert von Don Gais, Joe Turner oder Jack Dupree das erste Mal, dass sie einem Schwarzen leibhaftig begegneten. Bisher kannten sie diese nur aus dem Kino und vielleicht noch aus dem Fernsehen, und so eröffnete sich ihnen eine neue Welt, vielleicht sogar ein neues Weltbild.

Don Gais war dabei einer der ersten schwarzen Jazzmusiker, die durch Europa tourten und auch in Basel Halt machten. Er spielte ab 1949 regelmässig längere Engagements im Atlantis, an denen das Publikum reges Interesse hatte. 1958 nahm er sogar ein Live-Album auf mit dem Titel Jazz at the Atlantis Nr.1.

Joe Turner war in der Nachkriegszeit ebenfalls lange als Jazzmusiker in Europa unterwegs, und wurde oft als ‚weltbester Jazzpianist‘ gepriesen, was er immer wieder mit ironischen Bemerkungen kommentierte. Aber auch er war eine prägende Erfahrung für das Publikum im Atlantis, mit seinem kraftvollen, unermüdlichen Spiel und seiner charismatischen Bühnenpräsenz. Er kam immer wieder gern nach Basel, denn er fand das Publikum einfach wunderbar.

In der 1960er Jahren war es dann Jack Dupree aus New Orleans, der dem Publikum im Atlantis regelmässig einheizte. Auch er fand eine neue Heimat in Europa, blieb schlussendlich auf dem Kontinent hängen. Er war wohl was man einen ‚verrückten Vogel‘ nennen konnte, der die Musikszene mit seinem Blues und Boogie-Woogie aufmischte, und bei seinen Auftritten auch gerne Geschichten aus seinem Leben erzählte.

Das Atlantis befriedigte damals den Durst nach einem neuen Lebensgefühl, und wurde so zu einem einzigartigen Mekka für Musikliebhaber.

Und ist es heute noch.


 

Quellen:

Marc Krebs, Christian Platz: Atlantis Basel: Kult und Kultur seit 1947, Christoph Merian Verlag, Basel, S. 66ff, 2017.


30.10.2020

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